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Rogall-Grothe: "Mit der Digitalen Agenda zum Innovativen Staat"

Rede von Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe anlässlich des Zukunftskongress Staat und Verwaltung, am 01. Juli 2014, in Berlin

Datum 03.07.2014
Es sprach Cornelia Rogall-Grothe

Es gilt das gesprochene Wort.


Anrede,

I. Einleitung

im Namen von Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière möchte auch ich Sie alle sehr herzlich auf dem 2. Zukunftskongress Staat und Verwaltung begrüßen. Es schlagen zwei Herzen in unser aller Brust: So gerne wir Herrn de Maizière hier begrüßt hätten, so sehr freuen wir uns über das Fortkommen unserer Nationalmannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft. Der Fußball ist ein schönes Beispiel dafür, wie weit die Digitalisierung alle Bereiche unseres Lebens durchdringt. Die Laufwege unserer Kicker werden akribisch aufgezeichnet und ausgewertet. Wie schnell wird der Ball weitergespielt, wie rasch schalten wir auf Angriff beim Ballbesitz um. Mit Hilfe von Datenbanken wird der nächste Gegner genau analysiert und die Spielstrategie ausgetüftelt. Manchmal frage ich mich, ob wir überhaupt noch gegeneinander spielen müssen. Die Digitalisierung hilft, aber die Wahrheit liegt immer noch auf dem Platz und das Runde muss ins Eckige. Dies ist der Kern des Spiels. Entsprechend verhält es sich mit der Digitalisierung. Sie ist nicht per se gut oder schlecht. Sie ist auch nicht das Allheilmittel für unsere Probleme, sondern ihr Stellenwert für unser Leben bestimmt sich danach, was wir daraus machen wollen, machen können und was wir dann tatsächlich auch umsetzen.

Die Digitalisierung ist nach der Erfindung der Schrift, des Buchdrucks und des Internets eine weitere große Medienrevolution. Immer mehr Menschen finden zu einer vielfältigen und dauerhaft gespeicherten Information immer einfacheren Zugang. Aus Lesern bzw. Nutzern werden Bereitsteller.

Die technischen Vorzüge der Haltbarkeit oder der Vernetzung von Daten sind nur dann eine Errungenschaft, wenn es einen gemeinsamen Wertekodex und einen Ordnungsrahmen gibt, der in unserer Gesellschaft akzeptiert und von der staatlichen Ordnung auch überprüft werden kann. Hieran müssen und werden wir verstärkt arbeiten.

Ausgangspunkt hierfür ist die Beantwortung der Frage, welcher Stellenwert der Digitalisierung eingeräumt werden soll.

Der Siegeszug der Informationstechnik hat unser Leben – und dies natürlich besonders auch abseits des Fußballplatzes – gravierend verändert. Kaum ein Lebensbereich ist nicht von der Digitalisierung durchdrungen. Kaum jemand kann sich der digitalen Welt gänzlich entziehen. Machen Sie doch einmal den Selbstversuch und gehen Sie für eine Weile „offline“. Sie werden merken, wie ungewohnt schwerfällig sich der Alltag gestaltet. Suchen, finden, Kontakt halten, Aufgaben erledigen, all das wäre nicht mehr so einfach möglich. Ohne das Internet und die Digitalisierung wäre die Welt eine unbequemere. Ob wir wollen oder nicht, beide sind häufig längst integrale Bestandteile unseres alltäglichen Tuns. Daraus ergibt sich zwangsläufig die Frage, ob sich daraus andere Werte oder Regeln ergeben sollen oder gar müssen. Soll alles erlaubt sein, was möglich ist, welche neuen Regeln muss es geben, um uns bisher Wichtiges auch im digitalen Zeitalter zu bewahren und zu schützen? Wir alle ahnen die Komplexität der Fragestellungen.

II. Die Digitale Agenda der Bundesregierung

Der Staat hat stets die Aufgabe, den gesellschaftlichen Wandel aktiv zu begleiten und – wo notwendig – zu gestalten, sei es begrenzend oder fördernd. Angesichts der tiefgreifenden Auswirkungen des digitalen Wandels auf alle Lebensbereiche, muss der Staat auch bei der Digitalisierung seiner Verantwortung gerecht werden. Parlament und Regierung stimmen hierin überein. Die „Digitale Agenda“ ist deshalb ein Schwerpunkt der Arbeit der Bundesregierung und die Verankerung in drei Ressorts – BMI, BMWi, BMVI – zeigt, dass es sich um ein umfassendes Querschnittsthema von zentraler Bedeutung für unser Land handelt.

Noch in diesem Sommer werden wir die Digitale Agenda vorstellen und damit einen Rahmen für das Handeln der Bundesregierung bei der Digitalisierung aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche schaffen. Ihre Handlungsfelder reichen von:

den digitalen Infrastrukturen über
die Förderung der Informations- und Kommunikationswirtschaft und
den Ausbau innovativer staatlicher Strukturen und Angebote bis hin zu
den Auswirkungen des technologischen Fortschritts für das gesellschaftliche Miteinander,
die Bereiche Forschung und Bildung,
die Themen Vertrauen, Schutz und Sicherheit sowie
die europäische und internationale Dimension.

Dabei möchte ich auf drei Aspekte besonders hinweisen:

Erstens: Die Digitale Agenda ist eine ebenenübergreifende Querschnittsaufgabe. Bund, Länder und Kommunen müssen diese Aufgabe gemeinsam angehen. Nur so kann diese erfolgreich sein.

Zweitens: Die Digitale Agenda ist ein offener Prozess. Nur so können wir der technologischen Entwicklung gerecht werden. So offen wie die immer häufiger technologisch getriebenen gesellschaftlichen Entwicklungen von morgen sein werden, so offen und flexibel müssen auch unsere Antworten darauf sein. Die Agilität unserer Staatsstrukturen und unserer Prozesse hat sich auf eine völlig neue Dimension von Komplexität, Handlungsgeschwindigkeit und Globalisierung einzustellen. Mit der Digitalen Agenda werden wir diese Aufgabenstellung kraftvoll und innovativ angehen.

Dies führt unmittelbar zum dritten Aspekt:
Ein integrativer Dialog begleitet die Digitale Agenda. Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und der Tarifpartner sollen zu Mitgestaltern und Umsetzern werden.

Veranstaltungen wie der Zukunftskongress bieten in diesem Zusammenhang eine ausgezeichnete Plattform. Fragen und denkbare Antworten können und sollten offen und konstruktiv diskutiert werden, ohne dass hieraus gleich eine politische Absichtserklärung gar mit einem späteren Gesetzesantrag wird. Wir sollten den Zukunftskongress nutzen, um Fragestellungen einer breiten Öffentlichkeit von Führungskräften und Fachleuten vorzustellen, Ideen auszutauschen und Lösungen offen und ehrlich zu diskutieren. Ein Forum im besten Sinne demokratischer Tradition. Ich freue mich daher, dass das Bundesministerium des Innern die Schirmherrschaft über diesen Kongress hat.

III. Handlungsfeld Innovativer Staat

Für das Bundesinnenministerium stellt das Handlungsfeld „Innovativer Staat“ einen Schwerpunkt der Digitalen Agenda dar.

Schon immer war die Verwaltung dem Wandel unterworfen. Das ist im Grunde nichts Neues. Doch die begrenzten Haushaltsmittel, der demografische Wandel oder noch unzureichend vorhandene Kompetenzen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stellen die öffentliche Hand vor besondere Anforderungen. Ich möchte meinen, dass die Verwaltung selten so stark gefordert war. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von ihrer Verwaltung einen Service, wie sie ihn von den Konzernen im Netz kennen. Sie erwarten Schutz ohne Einschränkung der Möglichkeiten, sie erwarten Antworten auf Fragen, die teilweise noch nicht vollständig definiert sind. Die Verwaltung steht also manchmal in der Tat vor einem gordischen Knoten.

Dieser Aufgabe nimmt sich die Bundesregierung im Handlungsfeld Innovativer Staat der Digitalen Agenda an, in dem sie die Rahmenbedingungen der digitalen Verwaltung gestalten wird. Nur so werden wir auch in Zukunft eine handlungsfähige und leistungsstarke Verwaltung haben, die ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor im internationalen Wettbewerb ist.

Ein innovativer Staat fördert in erster Linie den Ausbau von bürgernahen Dienstleistungen und elektronischer Verwaltungsarbeit - ganz im Sinne des Dienstes an Bürgern und Unternehmen. Zu einem innovativen Staat zählen aber auch die Handlungsfähigkeit und Sicherheit seiner Informationstechnik. Unter dem Stichwort IT-Konsolidierung nimmt sich der Bund dieser Aufgabe an. Die IT der Bundesverwaltung muss besser vernetzt und weniger zersplittert sein. Die dezentrale Struktur kostet Einbußen an Sicherheit, Handlungsfähigkeit bzw. -geschwindigkeit und Geld, fördert Abhängigkeiten und ist keine gute Ausgangsbasis für Innovationen. Hier wird der Bund seiner Vorbildfunktion gerecht werden. Wir werden über den IT-Planungsrat und verschiedene Gesetzesvorhaben versuchen, ein ebenenübergreifendes Vorgehen zu gewährleisten. Selbstverständlich werden wir versuchen, unsere Vorstellungen und unsere Standards auch in Europa entsprechend zu verankern. Kurzum: Der Innovative Staat umfasst viele Facetten und ist ein wichtiger Baustein, die staatliche und technische Souveränität Europas und Deutschlands zu wahren.

IV. Regierungsprogramm Digitale Verwaltung 2020

Der Bürger ist die Rundum-Verfügbarkeit von Dienstleistungen sowie eine schnelle und zuverlässige Bearbeitung gewohnt. Bürger und Unternehmen wollen auch mit der Verwaltung einfach, schnell und sicher kommunizieren, und das möglichst zeit- und ortsunabhängig. Dass dies im Bereich staatlichen Handelns keine Illusion ist, zeigt die einheitliche Behördennummer 115, die eine große deutsche Zeitung jüngst zu einer der beliebtesten E-Government-Anwendung gekürt hat. Es ist daher unsere Aufgabe, diese Grundstruktur auszubauen und die Verwaltung digital, effizient sowie unternehmens- und bürgerfreundlich aufzustellen. Dies wird nur durch eine umfassende Transformation der Verwaltungsabläufe gelingen. Fachaufgaben, Prozessabläufe und IT-Strukturen müssen endlich zu einem einheitlichen Transformationsprozess verschmolzen werden. Das Denken in abgeschotteten Sektoren, wo jeder nur auf seinen Kirchturm blickt, ist ein teurer und zeitintensiver Irrweg.

Mit dem Regierungsprogramm Digitale Verwaltung 2020 wird sich der Bund selbst in die Pflicht nehmen. Das Regierungsprogramm ist wesentlicher Teil des Handlungsfelds Innovativer Staat und damit Teil der Digitalen Agenda. Das ist gut so, denn es ordnet diese Maßnahmen der Bundesregierung in diesen großen Kontext ein.

Im Kabinett haben wir uns bereits im April auf Eckpunkte der Digitalen Verwaltung 2020 verständigt. Das Programm selbst stimmen wir gerade mit den Bundesministerien ab. Im Spätsommer – unmittelbar nach Verabschiedung der Digitalen Agenda – möchten wir das Programm im Kabinett beschließen.

Mit dem Regierungsprogramm werden die neu geschaffenen Möglichkeiten, die sich aus dem E-Government-Gesetz ergeben, kohärent und zielstrebig umgesetzt.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einen kurzen Exkurs auf die gesetzgeberischen Aktivitäten der Bundesländer aufzeigen:

Die Aktivitäten in den Bundesländern zeigen, dass die mit dem EGovG getroffenen Richtungsentscheidungen, etwa zur elektronischen Akte oder zum Schriftformersatz, nun nach und nach in Landesrecht umgesetzt werden. Hier ist indessen eine große Dynamik entstanden, so dass zahlreiche Länder, beispielsweise Sachsen, Berlin, Bayern oder Baden-Württemberg nicht nur die Regelungen des Verwaltungsverfahrensrechts anpassen, sondern kurz- und mittelfristig auch mit eigenen Landes-E-Government-Gesetzen arbeiten werden.

Der Bund möchte mit den beabsichtigten Maßnahmen des Programms Digitale Verwaltung 2020 seiner Verantwortung gerecht werden und auch weiterhin Impulsgeber und Partner sein. Auf einige Vorhaben möchte ich eingehen:

Die Bundesregierung hat mit der eID-Funktion des Personalausweises und der De-Mail wichtige Voraussetzungen für die vertrauenswürdige Kommunikation im Netz geschaffen. Die Behörden des Bundes werden ab dem 1. Januar 2015 eine sichere elektronische Identifikation mit dem neuen Personalausweis anbieten. Ich möchte, dass die Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Verwaltung elektronisch kommunizieren können, ohne dass Dritte mitlesen und ohne dass ihre Identität gestohlen werden kann. Viele private und öffentliche Anbieter nutzen bereits heute diese Dienste, um Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger online anzubieten. Der Verbreitungsgrad ist jedoch leider noch zu gering. Hier müssen und hier werden wir mehr tun. Dabei müssen wir auch die Benutzerfreundlichkeit im Blick behalten. Aber: Eine Lösung, die ein Höchstmaß an Sicherheit garantiert und zugleich absolut bequem ist, wird es nicht geben können.

Lassen Sie mich zu einem weiteren Punkt kommen, der mir am Herzen liegt und bei dem wir als Bund mit gutem Beispiel vorangehen wollen. Die Verwaltung tut gut daran, sich nicht abzuschotten, sondern dem Bürger ihr Wissen zur Verfügung zu stellen. Verwaltungsdaten, die im Sinne von Open Data veröffentlicht werden, können nicht nur dabei helfen, Verwaltungshandeln transparenter zu gestalten. Noch viel öfter können sie helfen, den Alltag angenehmer zu gestalten und in Ausnahmesituationen zu helfen. Dazu müssen sie zugänglich und auffindbar sein. Im Bereich des Geoinformationswesens steht dafür mit der Geodateninfrastruktur Deutschland bereits eine ebenenübergreifende Grundlage bereit. Das im vergangenen Jahr gestartete Datenportal GovData ergänzt diese Grundlage, um langfristig alle Verwaltungsdaten an einer zentralen Stelle über Metadaten auffindbar zu machen.

Ein Großteil dieser Datenschätze ist zwar vorhanden, liegt aber heute in elektronischen Aktenschränken, auf verschiedensten Verwaltungs-Websites oder in ungeeigneten Dateiformaten brach. Diese Daten nutzbar zu machen, ist beileibe keine Zukunftsmusik: In Deutschland gibt es bereits ein Reihe von Prototypen und Forschungsprojekten, die zumindest einzelne Aspekte umsetzen. In Großbritannien haben sich bereits Start-Ups gegründet, die genau diesen Ansatz wirtschaftlich nutzen und beginnen, aus dem digitalen Gold – wie häufig unsere Daten auch genannt werden – neue Mehrwerte für unsere Wissensgesellschaft zu generieren. Hier stehen wir in Deutschland erst am Anfang.

Lassen Sie uns daran arbeiten, in den nächsten Jahren mehr und qualitativ bessere Daten online verfügbar zu machen. Das GovData-Portal wird hierfür ein wichtiger Baustein sein. Ich freue mich, dass sich bereits acht Länder bereiterklärt haben, dessen Betrieb mit dem Bund gemeinsam zu tragen. Leider zeigt dies aber auch, dass wir noch einige Länder hiervon überzeugen müssen.

Neben Organisation und Technik werden wir auch den Rechtsrahmen weiter kritisch prüfen, ob er den Aufgabenstellungen einer Digitalen Verwaltung gerecht wird. Verfahrensbestimmungen wie z. B. die Schriftform oder das persönliche Erscheinen haben große Auswirkungen auf die Nutzung und Realisierbarkeit von elektronischen Verfahren.

Die Erfahrungen der Länder haben gezeigt: Je einfacher ein elektronisches Verfahren, desto mehr Bürger nutzen es. Beispielweise hat das Land Berlin durch den Verzicht auf ein unterschriebenes Formular bei der Gewerbeanmeldung seit Oktober 2013 die Nutzerzahlen der Online-Anmeldung innerhalb weniger Monate mehr als verdoppelt.

Das Projekt Normenscreening knüpft an diese Erfahrungen an und stellt alle der über 4000 Schriftformerfordernisse im Verwaltungsrecht des Bundes auf den Prüfstand. Viele Schriftformerfordernisse stammen aus einer Zeit, als die Schreibmaschine Einzug in die Amtsstuben hielt. Durch die kritische Prüfung, wo es hohe Formanforderungen braucht und wo nicht, werden wir mit der Streichung von Schriftformerfordernissen einfache und nutzerfreundliche elektronische Verfahren ermöglichen.

Das Projekt Normenscreening wird in den nächsten zwei Jahren unter breiter Mitwirkung der Länder, Kommunen und Verbände durchgeführt.

Eine wirkliche Kärrnerarbeit. Ich fordere alle auf, die Chance zu nutzen und die bisherigen Selbstverständlichkeiten mit einem mutigen Blick auf die Lebenswirklichkeit zu überprüfen. Ich sage klar, wir werden und müssen diese Aufgabe angehen. Denn dies ist Teil unserer Antwort auf die Frage des Stellenwertes der Digitalisierung. Nur wenn wir alle Normen mit Schriftform auf den Prüfstand stellen, können wir die erhalten, die uns wirklich wichtig sind.

Der aktuelle E-Government Benchmark der EU-Kommission attestiert Deutschland Mängel bei der Transparenz und der Auffindbarkeit der Angebote. Hier müssen wir besser werden.

Das so genannte Bürgerkonto könnte hier Abhilfe verschaffen – eine Art One-Stop-Agency, die alles unter einem Dach bereithält. Über ein freiwillig einzurichtendes Bürgerkonto könnte der Bürger künftig Verwaltungsdienstleistungen in Anspruch nehmen und zwar unabhängig davon, ob diese auf Kommunal-, Länder- oder Bundesebene angeboten werden. Nach sicherer Registrierung mit der Online-Ausweisfunktion des Personalausweises soll er ein derartiges Bürgerkonto eröffnen und nutzen können, seine Daten speichern und über einen Postkorb mit der Verwaltung kommunizieren können. Unser Ziel ist es, über diesen einfachen elektronischen Zugang möglichst viele Verwaltungsdienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Einmal angemeldet, könnte der Bürger zum Beispiel in München online einen Anwohnerparkausweis in Hamburg beantragen, seine notwendigen Daten sind bereits im Profil vorhanden. Das lange Suchen nach dem richtigen Formular auf den Seiten der Stadt Hamburg entfällt. Sie sehen, die Idee der einheitlichen Behördennummer 115 ins Internet zu übertragen, lässt sich hervorragend hiermit verbinden.

Die Prüfung der Machbarkeit dieses Projekts ist in der eID-Strategie des IT-Planungsrates verankert. Eine zur Umsetzung der eID-Strategie geschaffene Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, einheitliche Rahmenbedingungen von Bürgerkonten zu prüfen und Empfehlungen zu erarbeiten.

Wir wollen so Stück für Stück eine Basisinfrastruktur aufbauen, die ebenenübergreifend Verwaltungsleistungen für den Bürger einfach und vernetzt anbietet.

An der Schnittstelle zur Wirtschaft werden wir weitere bessere technische Infrastrukturen aufbauen.
Mit dem Projekt eBeschaffung werden wir in dieser Legislaturperiode die Vergabe von öffentlichen Aufträgen standardisieren und digitalisieren. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen soll es so einfacher werden, sich auf öffentliche Aufträge zu bewerben.

Darüber hinaus werden wir in den nächsten Monaten Rechnungen unserer Lieferanten in elektronischer Form empfangen und verarbeiten können. Hierdurch werden nicht nur die Prozesskosten für die Bearbeitung einer Rechnung in der Verwaltung um über ein Drittel reduziert, sondern Unternehmen kommen so einfacher und schneller an ihr wohl verdientes Geld, wenn sie Leistungen für die öffentliche Hand erbringen. Zugleich erreichen wir eine wesentlich höhere Qualität der Rechnungsbearbeitung, indem Fehler reduziert und ein wichtiger Schutzbaustein gegen Manipulation geschaffen werden. Durch die eRechnung schließen wir die letzte Lücke in einem konsistenten und medienbruchfreien Beschaffungsprozess von der Bestellung bis zur Bezahlung.

Damit elektronische Verwaltungsdienstleistungen nahtlos funktionieren, muss die Verwaltung selbst noch stärker lernen, elektronisch zu arbeiten. Bisher werden Akten in den seltensten Fällen vollständig elektronisch geführt. Ich spreche an dieser Stelle nicht von einer elektronischen Registratur, die gibt es meistens schon, sondern vom vollständig medienbruchfreien Lebenszyklus einer Information: von ihrer Entstehung, dem ersten internen Entwurf oder dem externen Posteingang über die Abstimmung oder Weiterleitung bis zur Langzeitspeicherung. Behörden, die Verwaltungsdienstleistungen elektronisch anbieten, nutzen die elektronische Akte im internen Verwaltungsbereich nicht konsequent, sondern arbeiten parallel mit Papierdokumenten. Das ist wenig effizient. Nur eine im ganzen Lebenszyklus elektronische Informationsverarbeitung ermöglicht vernetztes, ortsunabhängiges mobiles Arbeiten bis hinein in die Führungsebene. Dies ist im Lichte der demografischen Entwicklung und allgemeiner Trends erfolgskritisch für den Arbeitsplatz der Zukunft. Diese Schlüsselfunktion der E-Akte wird noch nicht ausreichend erkannt. Hier können und werden wir besser werden müssen.

Elektronische Verwaltungsdienstleistungen für Bürger und Unternehmen finden sich in erster Linie auf Landes- oder kommunaler Ebene. Wir suchen daher den engen Schulterschluss mit den Ländern und Kommunen. Die Länder müssen das E-Government-Gesetz durch Landesrecht komplettieren. Wichtig ist auch die Entwicklung des kommunalen E-Governments. Denn Kommunen sind meistens die ersten Ansprechpartner der Bürgerinnen und Bürger in Verwaltungsangelegenheiten. Dazu trägt auch das Vorhaben des BMI „Modellkommune E-Government“ bei. Für die zweite Staffel können sich Kommunen noch bis zum 25. Juli bei uns bewerben.

Meine Damen und Herren,
dies alles wird jedoch nur gelingen, wenn wir auch im Zeitalter der Digitalisierung das Vertrauen der Bürger und Wirtschaft schützen.

Erstens: Wir wollen alles dafür tun, dass Deutschland weiterhin Vorreiter beim Datenschutz bleibt.

Doch der Datenschutz steht vor zwei gigantischen Herausforderungen: Digitalisierung und Internationalisierung. Im Zuge der digitalen Revolution akkumulieren neue mächtige Akteure Datenmengen, von denen die Volkszähler der 80er Jahre nur hätten träumen können. Suchmaschinen- und Cloud-Anbieter, Online-Händler, die Betreiber von sozialen Netzwerken, Navigationssystemen und Smartphone-Apps, Kreditkartenunternehmen und viele andere entwickeln eine Datenmacht jenseits der Staatlichkeit. Und sie wenden diese Macht an: Big Data ist hier das Stichwort.

Erforderlich ist daher eine Modernisierung des Datenschutzrechts. Jetzt ist die Stunde, in der wir an unsere Vorreiterrolle beim Datenschutz anknüpfen können. Deutschland ist die treibende Kraft bei den Ratsverhandlungen über die Datenschutz-Grundverordnung in Brüssel. Und wir werden in den nächsten Monaten eine noch aktivere Rolle spielen. Wir wollen zusammen mit anderen EU-Mitgliedstaaten innovative Schutzkonzepte durchsetzen, mit denen das neue Recht auf die Herausforderungen der digitalen Welt reagiert.

Und zweitens: Wir müssen auch im Bereich der IT-Sicherheit handlungsfähig sein, das heißt vor allem schneller und effektiver werden – auf der operativen und auf der politischen Ebene.

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium des Innern zwei neue Unterabteilungen geschaffen, in denen Ressourcen aus der IT-Abteilung und aus der Abteilung Öffentliche Sicherheit gebündelt werden.

V. Kulturwandel ist die Basis

Der Weg einer „Digitalen Verwaltung“ hat neben der technischen, organisatorischen und rechtlichen Dimension eine vierte Dimension, die genauso wichtig, wenn nicht entscheidend ist: Das aktive Veränderungsmanagement. Wir müssen die Handelnden überzeugen. Denn nur wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und insbesondere die Leitungskräfte den Mehrwert erkennen, tragen sie die Veränderung mit. Sie erwarten dabei zu Recht auch flankierende Unterstützung. Um die Voraussetzung für den Kulturwandel bei einer Digitalen Verwaltung zu schaffen, müssen wir daher die Kompetenzen der Mitarbeiter/-innen stärken und kontinuierlich aktualisieren.
Kein Arbeitsplatz in der Verwaltung kommt künftig ohne entsprechende Medien – bzw. technische Komponenten – aus. Die Führungskräfte brauchen interdisziplinäre Kompetenzen. Sie müssen die Brücke zwischen dem fachlich Wünschenswerten und dem technisch Möglichen ebenso bauen, wie die zwischen den fachlichen Fragestellungen und dem organisatorischen Ordnungsrahmen. Keine Fachaufgabe wird sich ohne eine gewisse Affinität z. B. zur IT oder zu Europa lösen lassen können. Hier werden wir die Fortbildungsangebote für unsere Mitarbeiter/-innen ausbauen müssen.

Der Wandel hin zu einer digitalen Verwaltung wird auch durch die demografischen Veränderungen verstärkt. Sie werden den Umsetzungstakt für die Digitalisierung mit vorgeben:

  • Die verstärkten Altersabgänge der „Baby-Boomer-Generation“, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand wechselt,
  • und ein sich zunehmend verengender Markt an qualifizierten Nachwuchskräften,

werden hier wie ein Katalysator wirken. Zum einen müssen sich die öffentlichen Arbeitgeber darauf vorbereiten, dass das Wissen der „Ruheständler“ nicht verloren geht. Zum anderen muss das Wissen um weitere Kompetenzen, andere Potenziale ergänzt werden, welches den zunehmend digitalisierten Abläufen entspricht. Hierauf werden wir bei der Ausbildung unserer Nachwuchskräfte, aber auch bei den Neueinstellungen achten müssen. In den Altersabgängen liegt daher auch die Chance, das Steuer in die Hand zu nehmen. Arbeitgeber müssen frühzeitig wissen: Wo sind die Herausforderungen der nächsten Jahre, wie stelle ich mich hierfür mit meiner Organisationseinheit auf?

Sie müssen heute beginnen die Zukunft zu gestalten. Dazu gehört eine behördeneigene Digitalisierungsstrategie, die aus der Digitalen Agenda und dem Regierungsprogramm Digitale Verwaltung 2020 abgeleitet werden kann und klare Ziele definiert, die von den Führungskräften vorgelebt, gefördert und eingefordert werden. Verlieren Sie keine Zeit, die Zukunft unserer Gesellschaft hängt auch davon ab, wie wir diesen Wandel gestalten.

V. Schluss

Die Verwaltung hat in den vergangenen Jahren eine gute Wegstrecke hin zur digitalen Verwaltung geschafft. Wir können und dürfen uns aber nicht ausruhen. Der aktuelle EU-Benchmark führt uns dies erneut vor Augen. Wir brauchen dabei gar nicht weit zu schauen. So werden zum Beispiel in Dänemark durch die Einrichtung eines Bürgerportals Formulare und Informationen strukturiert nach Lebenslagen angeboten. Die österreichische Bürgerkarte ist ein Konzept, über das elektronische Verwaltungsverfahren rund um die Uhr und sicher online erledigt werden können.

Die Digitalisierung mitzugehen, kostet zwar Zeit und Überzeugungskraft und die Bereitschaft, liebgewordene Verhaltensmuster infrage zu stellen. Der Staat kann auch nicht wie ein Start-up agieren, er muss jeweils einen gesellschaftlichen Konsens und rechtsfähigen Ordnungsrahmen schaffen bzw. beachten. Unsere Aufgabe ist es also abzuwägen, was gesellschaftlich gewollt und akzeptiert ist und was nachhaltig und machbar ist. Mit der Digitalen Agenda und dem Regierungsprogramm Digitale Verwaltung 2020 wird die Bundesregierung dieser anspruchsvollen Aufgabe gerecht werden. Lassen Sie uns gemeinsam diese Aufgabe angehen. Am besten fangen wir gleich damit an. In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine erkenntnisreiche und konstruktive Veranstaltung.

Vielen Dank!

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