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1 Anforderungen an die Gestaltung von Gesetzentwürfen

1.1 Das Vorblatt

Nach § 42 Absatz 1 GGO muss jedem Gesetzentwurf ein Vorblatt, d. h. eine knappe Übersicht über Anlass, Inhalt, Haushaltsausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden, über den Erfüllungsaufwand und weitere Kosten vorangestellt werden. Der Aufbau bzw. die Gliederung eines solchen Vorblatts ist standardisiert und in Anlage 3 zu § 42 Absatz 1 GGO festgelegt. Wichtig ist, dass dieses Vorblatt dem Leser „auf einen Blick“ die wesentlichen Punkte des Vorhabens verdeutlicht und dementsprechend so knapp wie möglich gefasst wird. Die Darstellung auf möglichst nicht mehr als zwei Seiten soll die Kerninformationen zum Vorhaben liefern; wer an Details und komplexen Zusammenhängen interessiert ist, wird die Begründung studieren.

1.2 Gestaltung der Gesetzestexte

Nach § 42 Absatz 2 Satz 1 GGO muss der Gesetzestext eine Überschrift (Beispiel: „Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung“), eine Eingangsformel (Beispiel: „Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:“) und die in Paragraphen oder Artikel gefassten Einzelvorschriften enthalten. Der Gesetzentwurf soll die Folgeänderungen in anderen Gesetzen enthalten, die durch die Neuregelung erforderlich werden, und die Aufhebung obsoleter Vorschriften vorsehen (§ 42 Absatz 2 Satz 2 GGO).

1.2.1 Rechtsförmlichkeit

Die Rechtsförmlichkeit spielt in der Gesetzgebungspraxis eine wichtige Rolle. Für die rechtsförmliche Gestaltung der Entwürfe gelten nach § 42 Absatz 4 GGO das vom Bundesministerium der Justiz herausgegebene „Handbuch der Rechtsförmlichkeit“ und die Empfehlungen, die vom Bundesministerium der Justiz im Einzelfall gegeben werden.

Hinweis
Das Handbuch steht im Internet unter der Adresse http://hdr.bmj.de/ zur Verfügung. Es enthält praxisnah aufbereitet, detailliert und mit Beispielen illustriert die rechtsförmlichen Vorgaben u.a. für Stammgesetze, Änderungsgesetze und für Rechtsverordnungen.

Insbesondere bei komplexen Vorhaben, wie umfassenden Neureglungen oder Reformvorhaben, die viele Gesetze betreffen, oder bei Änderungen desselben Gesetzes mit unterschiedlichen Inkrafttretenszeitpunkten, empfiehlt es sich, frühzeitig rechtsförmliche Fragen auf Arbeitsebene mit dem Bundesministerium der Justiz vorzuklären.

Zur Unterstützung der Entwurfsarbeit hat das Bundesministerium der Justiz die Software eNorm entwickelt (siehe auch http://www.enorm.bund.de). eNorm bietet eine einheitliche, benutzerfreundliche Unterstützung für die Erstellung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen; es

  • unterstützt die rechtsförmlich einwandfreie Textstrukturierung
  • gestattet das Arbeiten in der gewohnten Umgebung von Microsoft Word
  • erleichtert synoptische Darstellungen zum Beispiel für Beratungen in den Ausschüssen
  • ermöglicht die durchgängige Verwendung eines elektronischen Dokuments über alle Abstimmungsstationen hinweg und hilft dadurch, Doppelarbeiten zu vermeiden
  • optimiert das Verkündungsverfahren und
  • beschleunigt die Normendokumentation in der Bundesrechtsdatenbank durch die Bereitstellung strukturierter Daten (XML).

1.2.2 Gesetzessprache

§ 42 Absatz 5 Satz 1 GGO verpflichtet dazu, Gesetzentwürfe sprachlich richtig und nach Möglichkeit für jedermann verständlich zu formulieren. Deshalb wird Sprachberatung in allen Phasen der Gesetzgebung angeboten: Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) betreibt seit 2009 den Redaktionsstab Rechtssprache beim Bundesministerium der Justiz. Dieser bietet Sprachberatung für Entwürfe aller Bundesministerien bis zum Kabinettbeschluss an. Daneben gibt es zur Unterstützung der Abgeordneten, der Fraktionen und der Ausschusssekretariate im Deutschen Bundestag den Redaktionsstab der GfdS beim Deutschen Bundestag, der Gesetzentwürfe in der parlamentarischen Phase sprachlich begleitet.

Abb.: Sprachberatung im Gesetzgebungsverfahren 1.2.2 Gesetzessprache (Abb.: Sprachberatung im Gesetzgebungsverfahren)Abb.: Sprachberatung im Gesetzgebungsverfahren Quelle: BMI

Die Sprachberatung des Redaktionsstabs Rechtssprache wird regelmäßig in die rechtssystematische und rechtsförmliche Prüfung nach § 46 GGO einbezogen.

Der Dialog mit den fachlich neutralen Sprachwissenschaftlern hilft, Entwürfe gut zu strukturieren, genau und eindeutig zu formulieren, Begriffe zu definieren und einheitlich zu verwenden sowie den Text insgesamt verständlicher zu gestalten. Gemäß § 42 Absatz 5 Satz 3 GGO sind Gesetzentwürfe grundsätzlich dem Redaktionsstab Rechtssprache zur Prüfung auf ihre sprachliche Richtigkeit und Verständlichkeit zuzuleiten. Dies soll möglichst frühzeitig erfolgen. Ein sprachlich optimierter Entwurf entlastet auch die spätere Ressortabstimmung, die häufig unter Zeitdruck erfolgt.

Für Sprachanfragen aller Art und für Fragen zum Verfahren der Sprachberatung gibt es eine Hotline ( 030 – 18580 8866).

Hinweis
Ausführliche Informationen zur Sprachberatung befinden sich im Intranet des Bundes unter -> „Rechtsvorschriften/Arbeitshilfen Recht/BRH -> „Verständliche Sprache“.

1.3 Barrierefreie Gestaltung

Nach § 42 Absatz 6 GGO müssen Gesetzentwürfe so gefasst werden, dass sie den Anforderungen einer barrierefreien Veröffentlichung im Internet entsprechen. D.h., sie sollen von allen Nutzern unabhängig von körperlichen oder technischen Möglichkeiten uneingeschränkt genutzt werden können. Die Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung – BITV) regelt die Maßgaben hierfür.

1.4 Gesetzesbegründungen

Jede Gesetzesvorlage muss eine Begründung enthalten (§ 42 Absatz 1 GGO); in § 43 GGO sind die inhaltlichen Anforderungen im Einzelnen aufgeführt.

In der Begründung wird nachgewiesen, dass der Gesetzentwurf und seine Einzelvorschriften erforderlich und zielführend sind, außerdem werden der Sachverhalt dargelegt und die maßgeblichen Erkenntnisquellen genannt.

In der Praxis ist es üblich, die Begründung in einen allgemeinen ersten Teil und in die Begründung der Einzelvorschriften, den zweiten Teil, zu gliedern. Der allgemeine Teil befasst sich mit der grundsätzlichen Zielsetzung des Gesetzentwurfs und fasst die wichtigsten Regelungsinstrumente bzw. Einzelvorschriften zusammen. Es kann hilfreich sein, verworfene Regelungsalternativen zu benennen und die Vorteile der ausgewählten Regelungen darzustellen.

Der Leser erhält einen knappen Überblick über das gesamte Vorhaben und Informationen zum grundsätzlichen Verständnis der Einzelvorschriften. Diese Informationen erleichtern das Verständnis und die Bewertung der Einzelvorschriften.

Der in § 43 GGO enthaltene Katalog der in einer Gesetzesbegründung anzusprechenden Aspekte ist nicht strikt und schematisch anzuwenden. In der Begründung sind diejenigen Punkte zu behandeln, die für das Vorhaben auch tatsächlich bedeutsam sind. Die Gesetzesbegründung wird allerdings nicht Teil des Gesetzes, sie hat also selbst keine Gesetzeskraft. Gleichwohl kommt der Begründung nach Inkrafttreten von Gesetzen praktische Bedeutung zu, weil sie von Anwendern und Gerichten in Zweifelsfragen als Auslegungshilfe herangezogen wird.

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