1 Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Gesetzgebung des Bundes
1.2 Exkurs: Notwendigkeit der Regulierung durch förmliches Gesetz
Es ist nicht beliebig, ob eine Regelung durch förmliches Gesetz oder durch eine niederrangigere Norm getroffen werden kann. Aus verschiedenen Bestimmungen des Grundgesetzes (etwa aus den Grundrechten, aus Artikel 20 Absatz 2 und 3 GG, Artikel 80 Absatz 1 GG und aus sonstigen speziellen Einzelvorschriften) ist zu entnehmen, dass bestimmte Bereiche ausschließlich vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst, also nur durch förmliches Gesetz, geregelt werden dürfen.
Dies gilt für folgende Konstellationen:
- unmittelbare Eingriffe in Grundrechte (auch bei Grundrechten, die „schrankenlos“, d.h. ohne Gesetzesvorbehalt, gewährleistet sind, wie etwa die Religionsfreiheit gemäß Artikel 4 GG): Dabei ist zu beachten, dass die Anforderungen an die Regelungsdichte des Gesetzes mit der Intensität des Grundrechtseingriffs steigen
- Regelungen im grundrechtsrelevanten Bereich: weil diese zwar nach ihrer Reichweite oder Intensität noch keine Grundrechtseingriffe darstellen, die aber für die Grundrechtsausübung von wesentlicher Bedeutung sind
- Verordnungsermächtigungen (Artikel 80 Absatz 1 Satz 1 GG): Inhalt, Ausmaß und Zweck der erteilten Ermächtigung sind dabei ausdrücklich im Gesetz selbst festzulegen (Artikel 80 Absatz 1 Satz 2 GG)
- sonstige Fälle, in denen das Grundgesetz ausdrücklich den Erlass eines förmlichen Gesetzes fordert: z.B. für die Ausgestaltung des Wahlrechts (Artikel 38 Absatz 3 GG) oder für die Errichtung neuer Bundesbehörden (Artikel 87 Absatz 3 Satz 1 GG).
Darüber hinaus verlangt der im Rechtsstaats- und Demokratieprinzip wurzelnde allgemeine Vorbehalt des Gesetzes grundsätzlich, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle Entscheidungen selbst trifft. Zu dieser als Wesentlichkeitstheorie benannten Auffassung siehe etwa BVerfGE 101, 1, 34.