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2 Grundlagen für Gesetzesinitiativen der Bundesregierung

2.2 Grundzüge der Organisation der Bundesregierung

2.2.1 Kanzler-, Ressort- und Kollegialprinzip

Artikel 65 GG unterscheidet drei Prinzipien der Verantwortlichkeit:

  • das sog. Kanzlerprinzip, d.h. die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers (Satz 1)
  • das sog. Ressortprinzip, d.h. die jedem Bundesminister in diesem Rahmen übertragene Ressortverantwortung (Satz 2) und
  • das für die Angelegenheiten der Bundesregierung insgesamt geltende Kollegialprinzip (Sätze 3 und 4).

Der Bundeskanzler leitet die Geschäfte der Bundesregierung nach einer von ihr beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung der Bundesregierung (GOBReg). Die Bundesregierung, auch Bundeskabinett genannt, besteht aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern. Die Bundesregierung ist die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und übt damit die Exekutivgewalt auf Bundesebene aus.

Kanzlerprinzip und Richtlinienkompetenz

Der Bundeskanzler hat eine hervorgehobene Stellung in der Regierung. Er bestimmt, wer Mitglied der Regierung (Minister) werden soll, da ihm allein das Recht zur Kabinettsbildung zusteht. Als Regierungschef wählt er die übrigen Mitglieder der Bundesregierung aus und macht dem Bundespräsidenten einen verbindlichen Vorschlag zu ihrer Ernennung oder Entlassung (Artikel 64 Absatz 1 GG). Außerdem entscheidet er über die Zahl der Ressorts und legt ihre Geschäftsbereiche fest. Der Bundeskanzler bestimmt die Eckpfeiler der Regierungspolitik. Diese Richtlinienkompetenz kann sich auch auf einzelne Gegenstände und Streitfragen beziehen.

Ressortprinzip

Obwohl der Bundeskanzler ein Weisungsrecht gegenüber den Ministern besitzt, betont das GG, dass die Bundesminister ihren Geschäftsbereich innerhalb des festgelegten politischen Rahmens selbstständig und eigenverantwortlich leiten (Ressortprinzip). Dies gilt nicht nur für die einzelnen Ressortaufgaben, sondern z.B. auch für die Personalwirtschaft und für Fragen der Binnenorganisation ihres Ministeriums sowie Geschäftsbereichs. Der Bundeskanzler darf deshalb nicht ohne Weiteres in die Befugnisse der Minister „hineinregieren“. Zugleich muss jeder Minister aber darauf achten, Entscheidungen nur innerhalb des vom Bundeskanzler vorgegebenen politischen Rahmens zu treffen.

Die Ministerien sind oberste Bundesbehörden, denen zahlreiche Fachbehörden (Geschäftsbereich) nachgeordnet sind.

Kollegial-/Kabinettsprinzip

Nach dem Kollegialprinzip entscheiden der Bundeskanzler und die Minister gemeinsam über Angelegenheiten von allgemeiner politischer Bedeutung. Sie entscheiden darüber hinaus gemeinsam, wenn das GG oder eine einfachrechtliche Norm ein Handeln der Bundesregierung als Kollegialorgan vorsieht. Dies ist z.B. bei Gesetzesinitiativen der Fall (Artikel 76 Absatz 1 GG). Bei Meinungsverschiedenheiten ist der Bundeskanzler allerdings „Erster unter Gleichen“. Dies bedeutet: Kommt es zum Streit zwischen den Ministern, schlichtet der Bundeskanzler. Das Kabinett muss schließlich mit Mehrheit zu einer Entscheidung finden.

Beauftragte der Bundesregierung

Neben den Ministern gibt es Beauftragte, die für einzelne Politikbereiche berufen werden. Dabei wird grundsätzlich zwischen Bundesbeauftragten und Beauftragten der Bundesregierung sowie sonstigen Beauftragten unterschieden. Die Bundesbeauftragten und Beauftragten der Bundesregierung unterstützen und beraten aufgrund ihrer Organisationsgewalt die Bundesregierung, die sie durch Gesetz, Kabinettbeschluss oder Organisationserlass des Bundeskanzlers erhalten haben. Bundesbeauftragte werden auf gesetzlicher Grundlage berufen (z.B. der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit). Beauftragte der Bundesregierung werden durch Kabinettbeschluss beziehungsweise Organisationserlass des Bundeskanzlers oder durch Erlass eines Ressorts eingesetzt. Die Beauftragten sind dem Bundeskanzleramt oder einzelnen Ressorts zugeordnet. Eine Besonderheit beim Auswärtigen Amt sind die Koordinatoren, die den Beauftragten der Bundesregierung gleichgestellt sind. Die Beauftragten spielen auch bei der Erarbeitung von Gesetzesinitiativen der Bundesregierung eine Rolle.

Eine Sonderstellung nimmt seit seiner Einrichtung im Jahr 1998 der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien ein. Er gehört zum Bundeskanzleramt. Dort leitet er als Kulturstaatsminister eine oberste Bundesbehörde, die ebenfalls „Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien“ heißt. Er gehört jedoch nicht dem Bundeskabinett an.

Hinweis
Ausführliche Informationen über die Bundesregierung und die einzelnen Bundesministerien können im Internet unter www.bundesregierung.de abgerufen werden.

2.2.2 Hierarchischer Aufbau der Ministerialverwaltung

Das Demokratieprinzip (Artikel 20 Absatz 3 GG) und die daraus folgende Verantwortlichkeit der Regierung und der einzelnen Fachminister gegenüber dem Parlament erfordern, dass die Minister im Rahmen des jeweils vorgegebenen rechtlichen Rahmens bestimmen können, wie die ihrem Ressort obliegenden Aufgaben wahrgenommen werden. Deshalb ist die Ministerialverwaltung hierarchisch strukturiert, d.h., dass der Minister gegenüber allen Mitarbeitern seines Hauses ein Weisungsrecht hat.

Dem Minister unterstehen ein oder – in größeren Ministerien – zwei beamtete Staatssekretäre, die ihn nach außen vertreten und die in Verwaltungsangelegenheiten in der Regel abschließend entscheiden. Hat ein Ministerium zwei Staatssekretäre, ist jeder Staatssekretär für unterschiedliche Aufgabenbereiche verantwortlich. Die Ministerien gliedern sich unterhalb der Staatssekretärsebene in Abteilungen, die sich in der Regel in Unterabteilungen und weiter obligatorisch in Referate unterteilen. Ergänzend zu diesen Organisationseinheiten können anlassbezogen und zeitlich befristet spezielle Organisationseinheiten, insbesondere Projekt- und Arbeitsgruppen, gebildet werden. Diese werden entweder in einer Abteilung bzw. Unterabteilung angesiedelt oder direkt einem Staatssekretär unterstellt. Der Aufbau der Ministerialverwaltung ergibt sich im Einzelnen aus den §§ 6 bis 10 GGO.

Zur Unterstützung des Ministers bei der Wahrnehmung seiner politischen Aufgaben im Parlament sind ihm ein oder mehrere parlamentarische Staatssekretäre zugeordnet. Diese sind Abgeordnete des Bundestages, die in der Regel derselben Partei angehören wie der Minister. Sie sind zwar in die Ministerien integriert, haben aber keine behördeninternen Weisungs- oder Entscheidungsbefugnisse.

2.2.3 Fachreferate

Nach § 7 Absatz 1 Satz 2 GGO ist die tragende Einheit im Aufbau der Bundesministerien das Referat. Es hat die erste Entscheidung in allen Angelegenheiten, für die es zuständig ist. Dies gilt nicht nur für administrative Aufgaben, sondern auch für die Mitwirkung an Gesetzgebungsvorhaben. Der gesamte Aufgabenbereich eines Ministeriums wird durch einen Geschäftsverteilungsplan so aufgeteilt, dass jede Teilaufgabe einem Referat federführend zugeordnet ist (§ 7 Absatz 2 GGO).

In der Regel obliegt den Referaten die Erarbeitung von Gesetzentwürfen, deren haus- und regierungsinterne Abstimmung, die Begleitung des Gesetzgebungsverfahrens in Bundestag und Bundesrat sowie die Vorbereitung und Begleitung der Ausfertigung und Verkündung der Gesetze im Bundesgesetzblatt durch den Bundespräsidenten. Es gibt in Deutschland somit kein spezielles Gesetzgebungsressort oder – innerhalb der Ministerien – keine Organisationseinheiten, die sich ausschließlich mit Gesetzgebung beschäftigen.

2.2.4 Koordinierungs- und Schnittstellenfunktion des Bundeskanzleramtes

Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben steht dem Bundeskanzler das Bundeskanzleramt unterstützend zur Verfügung. Es wird vom Chef des Bundeskanzleramtes (ChefBK) geleitet, der im Rang eines Bundesministers steht. Das Bundeskanzleramt koordiniert das Zusammenwirken der Ministerien. Es ist zugleich eine wichtige Verbindungsstelle zum Parlament, zu den Bundesländern sowie zu den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Interessenverbänden. Der ChefBK steht mit Unterstützung der Fachabteilungen des Kanzleramtes in ständigem Kontakt mit den Ministerien. Er wird über deren Arbeit informiert und koordiniert das Zusammenwirken. Haben Ressorts zu einem Vorhaben unterschiedliche Auffassungen, hilft der ChefBK, einen Kompromiss zu finden. Zu seinen Aufgaben gehört es auch, politische Vorhaben der Bundesregierung langfristig zu planen und die notwendigen politischen Voraussetzungen für Beschlüsse zu schaffen.

Sitzungen des Bundeskabinetts

Sofern der Bundeskanzler nicht selbst entscheidet, legt der ChefBK die Sitzungstermine des Bundeskabinetts und die jeweilige Tagesordnung fest. Er veranlasst die Einladung zu den Sitzungen und leitet die Runden der beamteten Staatssekretäre aller Bundesministerien, die regelmäßig zwei Tage vor der Kabinettssitzung stattfinden. An der Kabinettssitzung nimmt der ChefBK teil. Als Bundesminister hat er auch ein Stimmrecht in den Sitzungen. Die Kabinettsmitglieder können in einem schriftlichen Umlaufverfahren zustimmen, wenn eine mündliche Beratung rechtlich oder politisch nicht erforderlich ist. Der ChefBK koordiniert dieses Verfahren. Er informiert die Bundesregierung über das Ergebnis.

Kabinettausschüsse

Kabinettausschüsse werden innerhalb der Bundesregierung gebildet, um die Lösung komplexer ressortübergreifender Probleme herbeizuführen. Die Ausschüsse sind auf Dauer angelegt. Den Vorsitz in den Kabinettsausschüssen führt der Bundeskanzler. Die Sitzungen der Ausschüsse werden durch interministerielle Besprechungen vorbereitet, an denen die ständigen Ausschussmitglieder und der ChefBK teilnehmen. Die Vorlagen der Sitzungen werden dem ChefBK mindestens eine Woche vor den Sitzungen zugeleitet. Er nimmt an den Sitzungen der Kabinettausschüsse teil.

Bund-Länder-Besprechungen

Die Regierungschefs von Bund und Ländern treffen sich regelmäßig zweimal im Jahr, um wichtige Sachthemen im Bund-Länder-Verhältnis zu erörtern. Die Besprechungen erleichtern Abstimmungs- und Klärungsprozesse zwischen Bund und Ländern. Die Treffen werden im Vorfeld durch Zusammenkünfte der Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länderregierungen (CdS) unter dem Vorsitz des ChefBK vorbereitet.

Zusammenarbeit mit dem Bundestag

Die Zusammenarbeit in einer Koalitionsregierung verlangt ständige Gespräche auf allen Ebenen. Mitunter wird auf der Expertenebene innerhalb der Koalition für ein grundsätzliches Problem keine Lösung gefunden. Dann gibt es unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers Gespräche, an denen Partei- und Fraktionsspitzen, der ChefBK und – bei Bedarf – einzelne Ressortchefs beteiligt werden.


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