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2 Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsvorschriften und Bindung der Adressaten

Die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsvorschriften ist ein originäres Recht der Exekutive, zu dem sie nicht gesondert ermächtigt zu werden braucht. Rechtsgrundlage der Verwaltungsvorschriften ist die Vollmacht, die der vollziehenden Gewalt kraft Gewaltenteilungsgrundsatz inhärent ist, um den Vollzug in den Spielräumen von Gesetz und Recht in inhaltlicher, verfahrensmäßiger und organisatorischer Weise intern selbst zu ordnen. Grundlagen für den Erlass von Verwaltungsvorschriften sind die Organisationsgewalt und die Geschäftsleitungsgewalt.

Im Einzelnen ist jedoch bei der Frage nach einer Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsvorschriften und nach ihrer Bindungswirkung zwischen den Adressaten der Verwaltungsvorschrift zu differenzieren:

Intrabehördliche Verwaltungsvorschriften

Verwaltungsvorschriften binden grundsätzlich nur die nachgeordneten und daher weisungsgebundenen Behörden und Mitarbeiter, also etwa die Verwaltungsvorschriften des Ministers nur die Behörden und Mitarbeiter seines Verwaltungsbereichs. Daraus folgt, dass die Verwaltungsvorschriften nur innerhalb eines Verwaltungsträgers verbindlich sind, es sei denn, dass ausnahmsweise auch Organe anderer Verwaltungsträger der Fachaufsicht der Behörde unterliegen, die die Verwaltungsvorschrift erlässt.

Intersubjektive und interbehördliche Verwaltungsvorschriften

Es ist jedoch möglich, dass bestimmte Exekutivorgane durch die Verfassung oder durch Gesetz zum Erlass weitergehender Verwaltungsvorschriften ermächtigt werden. Eine solche – im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung zwischen Bund und Ländern erforderliche – Ermächtigung enthalten z.B. Artikel 84 Absatz 2, Artikel 85 Absatz 2 und Artikel 108 Absatz 7 GG für die Bundesregierung im Bund-Länder-Verhältnis. Obwohl die Landesbehörden der Bundesregierung nicht nachgeordnet sind, können sie gleichwohl in diesem Rahmen durch Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung verpflichtet und gebunden werden. Für den Erlass interbehördlicher Verwaltungsvorschriften enthält auch Artikel 86 Satz 1 GG eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage.

Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften

Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften bedürfen einer gesetzlichen Ermächtigung, da die Verwaltung – abweichend von der Regel der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit unbestimmter Rechtsbegriffe – beim Erlass der Verwaltungsvorschrift über einen Beurteilungsspielraum verfügen soll.

Bindung der Bürger

Als verwaltungsinterne Regelungen begründen Verwaltungsvorschriften für die Bürger keine Rechte und Pflichten. Belastendes Verwaltungshandeln auf der Basis von Verwaltungsvorschriften setzt vielmehr voraus, dass bereits das außenwirksame Gesetz (ggf. in Verbindung mit einer Rechtsverordnung) eine vollständige Grundrechtsschranke formuliert, die keiner außenrechtlichen Ergänzung mehr bedarf. Allerdings kann diese Grundrechtsschranke – in den Grenzen der Wesentlichkeitslehre – der Exekutive auch Beurteilungs- und Ermessensspielräume belassen, innerhalb derer sie ihr Handeln mittels Verwaltungsvorschriften gestalten kann.

Selbstbindung der Verwaltung

Übt die Verwaltung das ihr eingeräumte Ermessen in der Weise aus, dass sie sich bei den Entscheidungen, die von ihr zu treffen sind, an vorhandenen Verwaltungsvorschriften orientiert, beeinflussen diese mittelbar das Verhältnis zum Bürger. Entscheidet die Verwaltung grundsätzlich nach den in einer Verwaltungsvorschrift aufgestellten Maßstäben, ergibt sich eine bestimmte regelmäßige Verwaltungspraxis. Der Bürger kann sich daher – über den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikels 3 Absatz 1 GG – auf eine Verwaltungsvorschrift berufen und die Einhaltung auch in seinem Fall verlangen (sog. mittelbare Außenwirkung über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung).

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