Artikel: Das Vorgehensmodell zur Einführung der E-Akte Bund
2019 ist das Jahr der Piloten. Nach dem Bundesamt für Justiz (BfJ), das im November 2018 die Pilotierung der E-Akte Bund startete, folgen dieses Jahr vier weitere Pilotbehörden. Der zentrale IT-Dienstleister, das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) stellt die E-Akte Bund bereit, die organisatorische Verantwortung für die Einführung liegt bei jeder Behörde selbst. Dort sollten die Vorbereitungen auf die elektronische Aktenführung rechtzeitig in Angriff genommen und die notwendigen Ressourcen eingeplant werden. Dabei hilft das vom Bundesverwaltungsamt (BVA) entwickelte Vorgehensmodell: ein Handlungsleitfaden, der das Einführungsprojekt in zeitlich und inhaltlich gegliederte Phasen einteilt.
Die zentrale Entwicklung und Bereitstellung der E-Akte Bund ermöglicht, die Einführungsmethodik für alle Behörden weitgehend zu standardisieren: Das Risiko individueller Problemstellungen und redundanter Konzeptarbeiten wird dadurch deutlich verringert.
Das gemeinsame Vorgehensmodell zur Einführung der E-Akte Bund, das sich auf das Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit und die Beratungserfahrung des BVA stützt, teilt ein E-Akte-Einführungsprojekt in die fünf Phasen Anbahnung, Initialisierung, Schaffung der Voraussetzungen, Durchführung und Abschluss ein. In jeder dieser Phasen erleichtern sogenannte Steckbriefe die Anpassung des Modells an spezifische Anforderungen in der jeweiligen Behörde. Jeder Steckbrief beschreibt ein definiertes Arbeitspaket, inklusive Verantwortlichkeiten und Rollenzuordnung. Darüber hinaus lassen die Steckbriefe die wechselseitigen Abhängigkeiten zu anderen Arbeitspaketen erkennen. Somit ergibt die Summe aller Arbeitspakete ein vollständiges Bild der chronologischen Abfolge aller notwendigen Arbeitsschritte.
Quelle: BVA
Standard versus Customizing: Chance zur Prozessoptimierung
Die Anbahnungsphase des BVA-Modells beschreibt beispielsweise all jene Aktivitäten, die für einen erfolgreichen Start des Einführungsprojekts notwendig sind. Als Adressat dieser Aktivitäten steht hier eindeutig die Behördenleitung im Vordergrund, weil strategische Entscheidungen zu treffen sind: Die E-Akte Bund-Lösung überträgt papiergebundene Geschäftsprozesse nämlich keineswegs nur eins zu eins in die digitale Welt. Vielmehr bietet deren Einführung auch eine ideale Gelegenheit, diese Abläufe auf den Prüfstand zu stellen und das gesamte Prozessgefüge in der Behörde gegebenenfalls zu optimieren.
Ob diese Chance zur Optimierung im Zuge der E-Akte-Einführung wahrgenommen wird oder nicht – von dieser Entscheidung hängt unter anderem auch ab, inwieweit die E-Akte Bund als Standardversion genutzt werden kann, respektive inwieweit sie behördenspezifisch angepasst werden muss. Generell gilt hier die Empfehlung: so standardisiert wie möglich, so individuell wie nötig. Zu beachten ist dabei jedoch, dass sich viele, vermeintlich essentielle Besonderheiten einer Behörde bei genauerem Hinsehen als bloße Altlast entpuppen. Mancher Prozess bleibt einfach so, wie er immer war, weil bisher niemand gefragt hat, ob es anders nicht vielleicht besser wäre. Die Entscheidung, die Einführung der E-Akte zum Anlass zu nehmen, diese Frage nachzuholen, liegt freilich bei jeder Behörde selbst. Je näher am Standard die behördeneigene Ausprägung der E-Akte Bund allerdings geplant wird, desto geringer fällt der Anpassungsaufwand aus und desto mehr können Behörden von bereits vorliegenden Integrationsmustern profitieren. Solche wiederverwendbaren Integrationsmuster verbinden die elektronische Aktenführung auf standardisierte Art und Weise nahtlos mit anderen Basis- und Querschnittsdiensten wie etwa der E-Rechnung oder auch mit dem digitalen Zwischenarchiv des Bundes (DZAB).
Sollten in einer Behörde übrigens die personellen Ressourcen für die fundierte Prozessanalyse im Vorfeld des Einführungsprojekts fehlen, rät der BVA-Leitfaden, die Einbeziehung externer Beratungsdienstleister in Betracht zu ziehen. Das Vorgehensmodell bietet überdies eine Reihe von Checklisten und Praxisbeispielen, die bei der Entscheidungsfindung über die strategische Ausrichtung der E-Akte-Einführung weiterhelfen. Empfehlenswert ist es zudem, sich im Social Intranet des Bundes (SIB) über die dort angelaufene, behördenübergreifende Diskussion zum Thema zu informieren.
Changemanagement: Beschäftigte gehören frühzeitig mit an Bord
Sobald die strategischen Entscheidungen bezüglich der E-Akte-Einführung getroffen sind, geht es in der anschließenden Initiierungsphase vor allem darum, ein effektives Projektmanagement inklusive Controlling, Zeit- und Meilensteinplanung zu etablieren. Darüber hinaus gilt es, das Projektteam auszuwählen und zusätzliches Spezial-Knowhow etwa durch Schulungen zu akquirieren. Von besonderer Bedeutung ist in dieser Phase auch die organisatorische Verankerung eines begleitenden Veränderungsmanagements. Denn ein derart weitreichendes Digitalisierungsprojekt wie die Einführung der E-Akte Bund greift tief in gewohnte Arbeitsabläufe ein. Die dadurch angestrebte Veränderung kann daher nur erfolgreich sein, wenn sie von den Menschen in der Organisation angenommen und gelebt wird. Es ist wichtig, alle Beschäftigten dafür zu gewinnen; aus Betroffenen müssen Beteiligte werden. Nicht umsonst enthält das Vorgehensmodell des BVA als phasenübergreifendes Aufgabenpaket einen Extra-Steckbrief: „Veränderungsmanagement planen, einrichten und durchführen“.
In der Voraussetzungsphase des Vorgehensmodells dreht sich alles zunächst um die Bestandsaufnahme und Analyse der bisherigen Aktenführung. Deren Ergebnisse liefern dann alle notwendigen Informationen für eine solide Einführungskonzeption: Hierbei geht es um die gründliche Analyse des Aktenbestandes, um organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen ebenso wie um technische Fragen etwa zum Datenschutz und zur IT-Sicherheit. Auch die erwähnte Integration von Fachverfahren und anderen Querschnittsdiensten wird in dieser Phase geplant.
Mit dem vierten Modellbaustein „Durchführung“ beginnt schließlich die heiße Phase der E-Akte-Einführung – und zwar mit einer Teststellung als Auftakt: alle behördenspezifischen Anforderungen an die E-Akte Bund werden auf Herz und Nieren geprüft, um gegebenenfalls notwendige Änderungen noch rechtzeitig vor dem Produktivstart vornehmen zu können. Nach der erfolgreichen Einführung folgt als Abschluss nun noch die gleichnamige Finalphase des BVA-Modells, in deren Zentrum eine zusammenfassende Projektdokumentation steht. Diese Dokumentation gibt Auskunft über die erreichten Ziele und sollte insbesondere eine ausformulierte Evaluation im Sinne von „Lessons Learned“ für künftige, ähnlich gelagerte Projekte enthalten. Solche Erfahrungswerte, die zuerst vom Bundesamt für Justiz (BfJ) als Masterpilot geliefert werden, nutzt das BVA übrigens als wertvollen Input, um den Handlungsleitfaden und alle begleitenden Materialien im Lichte der Praxis permanent zu optimieren. Auf diese Weise erreicht das Vorgehensmodell für die Einführung der E-Akte Bund einen immer höheren Anpassungsgrad an die realen Gegebenheiten in den Behörden.